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aktueller Workshop:
Analysetraining
(Schwerpunkt: Dramenanalyse)
Website betrieben von: Holger Müller-Hillebrand, StD
zertifizierter Lerncoach und Beratungslehrer
Fachleiter für Deutsch am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung Aachen/Seminar GyGe
Moderator Bezirksregierung Köln
Modul 2
Was tun, wenn sie sprechen? Sprechhandlungen benennen und analysieren
Tipp: Lies dir vorher die Informationen zu Modul 2 auf der Unterseite durch.
Betrachte den unten abgedruckten Dialog zwischen Recha und Daja (dritter Aufzug, erster Auftritt) genau.
(1) Lege zunächst kurz dar, welches übergeordnete Ziel bzw. welche übergeordneten Ziele beide jeweils mit diesem Gespräch verfolgen bzw. welche Intentionen sie haben.
(2) Betrachte dann jede einzelne Redepassage von Recha und Daja genauer. Untersuche dabei jeweils im einzelnen:
- die jeweilige(n) Sprechhandlung(en) der Figur,
- die jeweilige Sprech- und Ausdrucksweise der Figur (z. B. Wortwahl, Tempo, sprachliche Mittel) sowie
- ggf. auch die jeweilige Argumentationsstrategie, die die Figur (gerade) verfolgt.
Beginne mit der Passage von Recha (V. 1517-1524). Fahre dann mit Daja fort (V. 1525-1527) und so weiter bis zum Schluss.
Es genügt hier, Stichworte bzw. in Spiegelstrichen zu formulieren; es muss kein zusammenhängender Text verfasst werden.
Bitte reiche deine Abgabe über das Formular unten bis spätestens Sonntag, 17.10., um 23:59 Uhr ein.
Dritter Aufzug
Erster Auftritt
1517 RECHA Wie, Daja, drückte sich mein Vater aus?
»Ich dürf' ihn jeden Augenblick erwarten?«
Das klingt - nicht wahr? - als ob er noch so bald
1520 Erscheinen werde. - Wieviel Augenblicke
Sind aber schon vorbei! - Ah nun: wer denkt
An die verflossenen? - Ich will allein
In jedem nächsten Augenblicke leben.
Er wird doch einmal kommen, der ihn bringt.
1525 DAJA O der verwünschten Botschaft von dem Sultan!
Denn Nathan hätte sicher ohne sie
Ihn gleich mit hergebracht.
RECHA Und wenn er nun
Gekommen, dieser Augenblick; wenn denn
Nun meiner Wünsche wärmster, innigster
1530 Erfüllet ist: was dann? - was dann?
DAJA Was dann?
Dann hoff ich, dass auch meiner Wünsche wärmster
Soll in Erfüllung gehen.
RECHA Was wird dann
In meiner Brust an dessen Stelle treten,
Die schon verlernt, ohn' einen herrschenden
1535 Wunsch aller Wünsche sich zu dehnen? - Nichts?
Ah, ich erschrecke! ...
DAJA Mein, mein Wunsch wird dann
An des erfüllten Stelle treten; meiner.
Mein Wunsch, dich in Europa, dich in Händen
Zu wissen, welche deiner würdig sind.
1540 RECHA Du irrst. - Was diesen Wunsch zu deinem macht,
Das nämliche verhindert, dass er meiner
Je werden kann. Dich zieht dein Vaterland:
Und meines, meines sollte mich nicht halten?
Ein Bild der Deinen, das in deiner Seele
1545 Noch nicht verloschen, sollte mehr vermögen,
Als die ich sehn, und greifen kann und hören,
Die Meinen?
DAJA Sperre dich, soviel du willst!
Des Himmels Wege sind des Himmels Wege.
Und wenn es nun dein Retter selber wäre,
1550 Durch den sein Gott, für den er kämpft, dich in
Das Land, dich zu dem Volke führen wollte,
Für welche du geboren wurdest?
RECHA Daja!
Was sprichst du da nun wieder, liebe Daja!
Du hast doch wahrlich deine sonderbaren
1555 Begriffe! »Sein, sein Gott! für den er kämpft!«
Wem eignet Gott? was ist das für ein Gott, eignet: hier im Sinne von ,,gehören"
Der einem Menschen eignet? der für sich
Muss kämpfen lassen? - Und wie weiß
Man denn, für welchen Erdkloß man geboren,
1560 Wenn man's für den nicht ist, auf welchem man
Geboren? - Wenn mein Vater dich so hörte! -
Was tat er dir, mir immer nur mein Glück
So weit von ihm als möglich vorzuspiegeln?
Was tat er dir, den Samen der Vernunft,
1565 Den er so rein in meine Seele streute,
Mit deines Landes Unkraut oder Blumen
So gern zu mischen? - Liebe, liebe Daja,
Er will nun deine bunten Blumen nicht
Auf meinem Boden! - Und ich muß dir sagen,
1570 Ich selber fühle meinen Boden, wenn
Sie noch so schön ihn kleiden, so entkräftet,
So ausgezehrt durch deine Blumen; fühle
In ihrem Dufte, sauersüßem Dufte,
Mich so betäubt, so schwindelnd! - Dein Gehirn
1575 Ist dessen mehr gewohnt. Ich tadle drum
Die stärkern Nerven nicht, die ihn vertragen.
Nur schlägt er mir nicht zu; und schon dein Engel, mir nicht zuschlagen: hier im Sinne von ,,nicht vertragen" (den Duft)
Wie wenig fehlte, daß er mich zur Närrin
Gemacht? - Noch schäm ich mich vor meinem Vater
1580 Der Posse! Posse: Schauspiel, (schlechte) Aufführung (abwertend)
DAJA Posse! Als ob der Verstand
Nur hier zu Hause wäre! Posse! Posse!
Wenn ich nur reden dürfte!
RECHA Darfst du nicht?
Wenn war ich nicht ganz Ohr, sooft es dir
Gefiel, von deinen Glaubenshelden mich
1585 Zu unterhalten? Hab ich ihren Taten
Nicht stets Bewunderung; und ihren Leiden
Nicht immer Tränen gern gezollt? Ihr Glaube
Schien freilich mir das Heldenmäßigste
An ihnen nie. Doch so viel tröstender
1590 War mir die Lehre, dass Ergebenheit
In Gott von unserm Wähnen über Gott das Wähnen: das Meinen, das Vermuten, das Mutmaßen
So ganz und gar nicht abhängt. - Liebe Daja,
Das hat mein Vater uns so oft gesagt;
Darüber hast du selbst mit ihm so oft
1595 Dich einverstanden; warum untergräbst
Du denn allein, was du mit ihm zugleich
Gebauet? - Liebe Daja, das ist kein
Gespräch, womit wir unserm Freund am besten
Entgegensehn. Für mich zwar, ja! Denn mir,
1600 Mir liegt daran unendlich, ob auch er ...
Horch, Daja! - Kommt es nicht an unsre Türe!
Wenn Er es wäre! horch!